[Stand: 01.08.2020]
Die große Koalition hat am 3. Juni 2020 beschlossen, die Mehrwertsteuersätze in Deutschland für die Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 von 19% auf 16% bzw. von 7% auf 5% zu senken. Für den 29.06.2020 wurde der Gesetzesentwurf durch den Bundestag verabschiedet.
Bis 30.06. lag zu den geplanten Maßnahmen der Entwurf eines BMF-Schreibens vor, in dem schon sehr ausführlich die geplanten Änderungen zusammen getragen wurden. Am 1. Juli 2020 ist dann das endgültige BMF-Schreiben (Schreiben inzwischen nicht mehr online abrufbar) erschienen, das keine wesentlichen Änderungen mehr aufweist.
Mit einem Update in der vergangenen Nacht haben wir Kontolino! für die Phase der Mehrwertsteuersenkung angepasst. Sie können also bereits ab sofort z.B. Rechnungen verbuchen, die jetzt schon gestellt werden, deren Leistungszeitpunkt aber nach dem 30.06.2020 liegt.
Auf dieser Seite haben wir alle wichtigen Punkte für Sie zusammen getragen, die Sie beachten müssen, um Ihre Buchungen anzulegen.
Was ändert sich denn konkret?
Für Lieferungen und Leistungen, die Sie zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020 einkaufen, erhalten Sie Rechnungen mit einem abgesenkten Steuersatz von 16% oder 5% anstatt der üblichen 19% bzw. 7%. Natürlich müssen Sie also auch weniger Umsatzsteuer bezahlen und dementsprechend auch weniger Steuer als Vorsteuer geltend machen. Für Sie als Unternehmer hat das keinerlei kaufmännische Auswirkungen, es sei denn, Sie sind Kleinunternehmer oder gehören einer Berufsgruppe an, die von der Umsatzsteuer befreit sind.
Bei Ausgangsrechnungen müssen Sie entscheiden, ab wann und für genau welche Rechnungen die abgesenkten Sätze zur Anwendung kommen. Für Lieferungen und Leistungen ist die Regelung dazu sehr einfach: liegt das Liefer- oder Leistungsdatum im Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020, kommt der jeweils abgesenkte Steuersatz zur Anwendung. Bei Dauerleistungen, Teilleistungen, Abonnements etc. kommen spezielle Regelungen zur Anwendung, die im bereits genannten BMF-Schreiben detailliert erläutert werden.
Bitte beachten Sie: wir sind keine Steuerberatung, das heisst, wir dürfen Ihnen aufgrund gesetzlicher Vorgaben keine konkreten Fragen dazu beantworten, ob und wann eine Rechnung mit dem abgesenkten oder dem normalen Satz zu behandeln ist und ob Ihre Leistung nun als Dauerleistung, Teillieferung, Anzahlung etc. von der Absenkung der Steuersätze betroffen ist. Wir stehen aber in engem Kontakt zu Steuerberatern, die Ihnen gerne konkret mit diesen Fragen weiterhelfen. Bitte kommen Sie gerne auf uns zu (hilfe (at) kontolino.de), wir nennen Ihnen gerne Ansprechpartner, die Ihnen als Kontolino!-Nutzer Sonderkonditionen einräumen (soweit dies nach der Tarifordnung der Steuerberater möglich ist).
Neues Feld: Leistungsdatum in Buchungssätzen
Sie können nun bei Buchungen, deren Belegdatum nicht im Zeitraum der MwSt-Absenkung liegt, die aber aufgrund des Leistungsdatums ein vom Buchungsdatum abweichendes Leistungsdatum angeben. Das ist z.B. das Datum, an dem Sie beim Kunden Ihre Dienstleistung erbracht haben, oder an dem Sie eine Sendung an den Kunden abgeschickt haben.
Wenn Sie in Kontolino! ein Leistungsdatum eingeben, wird automatisch die Liste möglicher MwSt-Codes in der Buchungsmaske auf mögliche Codes eingeschränkt. Das Leistungsdatum ist in Kontolino! kein Pflichtfeld, aber Sie sollten es füllen, wenn Sie Ihre Buchungen später an eine Steuerberatung exportieren, damit dort ebenfalls der richtige MwSt-Satz ermittelt werden kann.
Neue MwSt-Sachverhalte in Kontolino!
Die MwSt-Absenkung betrifft neben den Inlands-Umsätzen auch diverse Spezialfälle, die ebenfalls mit den gesenkten MwSt-Sätzen zu behandeln sind. Wir haben in Kontolino! zusätzliche MwSt-Codes eingeführt, die Sie zur Verbuchung dieser Fälle nutzen können.
Für die Zeit, in der die abgesenkten Mehrwertsteuersätze anzuwenden sind (und vermutlich auch noch eine Weile darüber hinaus, für nachträgliche Buchungen und Korrekturen wie Gutschriften etc.), stehen in Kontolino! zusätzliche MwSt-Codes zur Verfügung, die bei der Verbuchung zu nutzen sind. In der folgenden Aufstellung werden die Bezeichnungen und Kürzel der Codes angezeigt.
- Inlandsumsätze
- Umsatzsteuer, abgesenkter ermäßigter Satz (UST05_C)
- Umsatzsteuer, abgesenkter allgemeiner Satz (UST16_C)
- Vorsteuer, abgesenkter ermäßigter Satz (VST05_C)
- Vorsteuer, abgesenkter allgemeiner Satz (VST16_C)
- Innergemeinschaftliche Erwerbe
- Innergemeinschaftlicher Erwerb, erm. Satz, abgesenkt (IGERed_C)
- Innergemeinschaftlicher Erwerb, allgemeiner Satz, abgesenkt (IGENrm_C)
- Innergemeinschaftl. Erwerb v. sonst. Leistungen, erm. Satz, abgesenkt (IGEsLRed_C)
- Innergemeinschaftl. Erwerb v. sonst. Leistungen, allg. Satz, abgesenkt (IGEsLNrm_C)
- Leistungsempfänger als Steuerschuldner (§13 b UStG)
- Leistungsempfänger als Steuerschuldner §13b UStG, erm. Satz, abgesenkt (§13b 5% C)
- Leistungsempfänger als Steuerschuldner §13b UStG, allg. Satz, abgesenkt (§13b 16% C)
Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA) und Umsatzsteuererklärung (USt)
Wir haben die UStVA an die neuen MwSt-Sätze gemäß der Vorgaben der Finanzbehörden angepasst. Sie müssen in Kontolino! die zuvor genannten MwSt-Codes nutzen, um Ihr Umsätze mit abgesenkten MwSt-Sätzen zu verbuchen, alles weitere macht unser Programm dann austomatisch für Sie.
Brauche ich gesonderte Konten?
Im Gegensatz zu anderen Programmen verbucht Kontolino! die Steuerbeträge für die verschiedenen Sachverhalte nicht auf separate Konten – es gibt z.B. kein separates Konto für Vorsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerben. Das selbe gilt für Erlöskonten: Standardmäßig gibt es in Kontolino! keine gesonderten Erlöskonten für Erlöse mit verschiedenen Umsatzsteuersätzen, alle Erlöse werden auf ein und dasselbe Konto verbucht.
Wenn Sie sich jedoch für Erlöse eigene Konten angelegt haben bzw. anlegen möchten, können Sie das in Kontolino! tun (wie das geht, ist in unserem Handbuch beschrieben). Sofern Sie also auch für die Erlöse aus den Corona-Sachverhalten eigene Konten anlegen möchten (z.B. weil Ihr Steuerberater das so vorschlägt), müssen Sie dies im Kontenplan tun.
Achtung: die DATEV schlägt eine Reihe neuer Konten zur Abwicklung der MwSt-Senkung vor in den Kontenrahmen SKR03 und SKR04 vor. Falls Sie also mit einer/m Steuerberater/in zusammen arbeiten und Ihre Buchungen an diese(n) übertragen, sollten Sie mit ihm/ihr klären, welche dieser neuen Konten Sie auch in Kontolino! anlegen und bebuchen sollten (Zur Anlage eigener Konten finden Sie alles in unserem Handbuch). Für die Funktionsweise von Kontolino! ohne Export zum Steuerberater sind diese neuen Konten nicht nötig.
Änderungen an Steuermeldungen
Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA) und Umsatzsteuereerklärung (USt)
Am 22.06.2020 wurde auf dem Elster-Entwicklerforum bekannt gegeben, dass sich die Formulare Umsatzsteuervoranmeldung sowie Umsatzsteuererklärung nicht verändern werden. Allerdings sind Umsätze und Steuerbeträge, die unter den abgesenkten Steuersatz fallen, in einer gesonderten, aber schon bestehenden Zeile auszuweisen.
Es ändert sich also auf den ersten Blick nichts, und doch müssen wir im Programm die Logik zur Befüllung der Formulare anpassen. Diese Änderungen haben wir zeitgerecht umgesetzt.
Import von Bankauszügen (bei IST-Versteuerern)
Wenn Sie in Kontolino! Bankauszüge importieren und per Assistent verbuchen, können Sie auch bei den Einstellungen zum Import festlegen, ob Sie in den Buchungsvorschlägen von Kontolino! auch MwSt-Codes für Geldein- oder ausgänge vorbelegen können. Diese Einstellung ist eigentlich nur für Nutzer sinnvoll, die nach vereinnahmten Entgelten besteuert werden, die also Umsatzsteuer erst beim Geldein- oder ausgang verbuchen (sogenannte IST-Versteuerer). Nur für diese Fälle ist die Verbuchung von MwSt bei Geldein- oder ausgängen überhaupt nötig. Wenn Sie also über Forderungs- und Verbindlichkeiten-Konten arbeiten und bereits bei Rechnungsstellung bzw. -eingang die MwSt buchen, ist dieser Abschnitt für Sie nicht relevant (sogenannte SOLL-Versteuerer).
Leider kann Kontolino! nicht automatisch entscheiden, ob ein Geldein- oder ausgang auf einen Buchungsfall zurückgeht, der dem normalen oder der temporär abgesenkten Steuersatz unterliegt. Deswegen kann leider nicht automatisch auf den jeweiligen Satz vorbelegt werden – Sie sollten bei jedem einzelnen Geschäftsfall prüfen, ob der abgesenkte oder der normale Steuersatz anzuwenden ist. Um sich aber die Arbeit ein wenig zu erleichtern und für den Zeitraum, in dem die abgesenkten Sätze gültig sind, können Sie bei den Einstellungen des Bankauszug-Imports den abgesenkten MwSt-Code als Vorbelegung einstellen.
Zudem sollten Sie bei Fällen, bei denen das Buchungsdatum und der Leistungszeitpunkt nicht beide innerhalb oder außerhalb des Absenkungszeitraumes liegen, stets das Leistungsdatum eintragen.
Import von Ausgangsrechnungen von Billbee
Wenn Sie Ihre Rechnungen mit billbee.io erstellen und diese nach Kontolino! importieren, übermittelt uns Billbee bereits die korrekten Steuersätze, wie Sie diese in Billbee (oder bereits in Ihrem Shopsystem) angegeben haben. Für die Verbuchung in Kontolino! ergeben sich für Sie keine Änderungen: wir erkennen den richtigen MwSt-Satz aus den Rechnungsdaten und erledigen den Rest für Sie.
Hier ist allerdings eine wichtige Einschränkung zu machen: Billbee plant nach aktuellem Stand nicht, das Leistungs- oder Lieferdatum einer Rechnung als separates Feld der Rechnung in ihrer Schnittstelle mitzuliefern. Das bedeutet, dass bei Nutzern, die Billbee-Rechnungen nach Kontolino! importieren, zwar der korrekte MwSt-Satz angeliefert und in Kontolino! korrekt verbucht werden wird. Werden aber die Buchungen anschließend zum Steuerberater exportiert, wird bei fehlendem Leistungsdatum dort nach aktuellen Planungsstand der MwSt-Satz auf Basis des Rechnungsdatums ermittelt werden. Es können sich dadurch Differenzen zwischen Billbee/Kontolino! und dem Kanzleiprogramm des Steuerberaters ergeben.
Beispiel: Sie verkaufen am 30.6.2020 eine Handtasche für 100€ netto per Etsy und wickeln die Rechnungsstellung mit Billbee ab, allerdings schreiben Sie die Rechnung erst am 1.7.2020. Billbee errechnet 19% MwSt, weist sie korrekt auf der Rechnung aus und exportiert die Rechnung auch mit 19% an Kontolino!, wo ebenfalls 19% verbucht werden. Beim Export der Buchung nach Datev wird kein Leistungsdatum ausgegeben, die Datev-Software errechnet also den gültigen Steuersatz sowie die Steuer auf Basis des Rechnungsdatums 1.7.2020 und kommt zu dem Ergebnis, es müssten 16% MwSt berechnet werden.
Eine Lösung für dieses Problem ist aktuell noch nicht auf dem Tisch. Die Diskussionen mit Billbee sind noch nicht abgeschlossen. Notfalls werden wir eine Lösung schaffen müssen, die es Ihnen erlaubt, das Leistungsdatum nachträglich manuell in Kontolino! einzugeben.
Import und Export von Datev-Buchungsstapeln
Laut aktueller Planung wird die Datev keine neuen Buchungsschlüssel einführen, sondern den Steuersatz anhand des Leistungsdatums in einem Buchungssatz herleiten. Ist dieses Leistungsdatum nicht gefüllt, wird anhand des Beleg-/Buchungsdatums gerechnet.
Aus diesem Grund werden wir ein neues Feld „Leistungsdatum“ in unseren Buchungssätzen einzuführen. Es wird kein Pflichtfeld sein, aber wir empfehlen, es zumindest bei Fällen, wo zwar das Buchungsdatum in den Zeitraum 1.7.-31.12.2020 fällt, nicht aber das Leistungs- bzw. Lieferdatum. Das ist vor allem wichtig, wenn Sie Ihre Buchungen zu einem Steuerberater exportieren, denn nur dadurch kann der korrekte Steuersatz auch in der Software Ihrer Steuerkanzlei ermittelt werden.
Bitte klären Sie auch mit Ihrer Steuerkanzlei, ob sie die Bebuchung neuer Konten für die Abwicklung der MwSt-Senkung empfiehlt. Sie können sich diese Konten ganz einfach in Kontolino! anlegen und bebuchen. Für die Arbeit nur mit Kontolino! (also ohne Steuerkanzlei) brauchen Sie keine neuen Konten anzulegen, die Steuermeldungen werden dennoch korrekt ausgefüllt, wenn Sie unsere MwSt-Codes verwenden.
Dauerbuchungen: kein Automatismus
Wenn Sie Dauerbuchungen mit Umsatzsteuer haben, werden diese während des Zeitraums 1.7.2020 bis 31.12.2020 nicht durch Kontolino! geändert. Wir können anhand der in den Dauerbuchungen vorhandenen Informationen nicht erkennen, ob und ab/bis zu welchem Zeitpunkt der reduzierte Satz anzuwenden ist. Nutzen Sie entweder während dieses Zeitraums das Feature Dauerbuchungen nicht oder passen Sie die Buchungen nach der Verbuchung manuell nochmals an. Sie können natürlich auch Ihre Dauerbuchungen für die Dauer der MwSt-Absenkung ändern und dann nächstes Jahr wieder auf 19% umstellen.