In einer kleinen Artikelserie wollen wir uns in den kommenden Wochen mit den Vorteilen und Besonderheiten der Freiberuflichkeit beschäftigen. In lockerer Folge werden wir uns den Fragen widmen:
- Wer ist freiberuflich tätig?
- Welche Vorteile bietet die Freiberuflichkeit?
- Welche Kosten kommen auf einen Freiberufler zu?
- Wie steht es aktuell um das Thema Scheinselbstständigkeit bei freiberuflicher Tätigkeit?
Dieses Thema ist vor allem für Selbständige relevant, die typischer Weise lang laufende Aufträge haben, z.B. für IT-Berater, Programmierer oder Testingenieure, kann aber grundsätzlich alle freiberuflich tätigen treffen
Das Thema ist für Kontolino! aus zweierlei Gründen besonders interessant. Zum Einen hat Kontolino! seine Wurzeln in einem Buchhaltungsprogramm für einen freiberuflichen Programmierer, der viele Jahre lang in der Finanzbranche für Banken und Versicherungen als Programmierer, Architekt und Coach tätig war, und zum anderen sind Freiberufler aus ganz unterschiedlichen Berufszweigen unsere Hauptnutzer. Vermutlich hängt das irgendwie zusammen…
Wo ist die Freiberuflichkeit geregelt?
Der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit ist eindeutig definiert, und zwar interessanter Weise im deutschen Einkommensteuergesetz. Das alleine besagt schon einiges: offenbar gibt es keine eigene Rechtsnorm für FreiberuflerInnen, sonst gäbe es vermutlich ein Freiberuflergesetz. Wer freiberuflich tätig ist, ist im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG) keine juristische Person, sondern eine natürliche, also letztlich ein Privatmann bzw., eine Privatfrau.
Zudem geht es bei der Frage der Freiberuflichkeit offensichtlich vor allem um Steuern, denn das ist es, was im EStG geregelt ist.
Katalogberufe und „ähnliche Berufe“
Die Definition des Freiberuflers findet sich im Paragrafen 18 des EStG, und zwar im Absatz 1:
Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die
- selbständig ausgeübte
- wissenschaftliche,
- künstlerische,
- schriftstellerische,
- unterrichtende
- oder erzieherische Tätigkeit,
- die selbständige Berufstätigkeit der
- Ärzte,
- Zahnärzte,
- Tierärzte,
- Rechtsanwälte,
- Notare,
- Patentanwälte,
- Vermessungsingenieure,
- Ingenieure,
- Architekten,
- Handelschemiker,
- Wirtschaftsprüfer,
- Steuerberater,
- beratenden Volks- und Betriebswirte,
- vereidigten Buchprüfer,
- Steuerbevollmächtigten,
- Heilpraktiker,
- Dentisten,
- Krankengymnasten,
- Journalisten,
- Bildberichterstatter,
- Dolmetscher,
- Übersetzer,
- Lotsen
- und ähnlicher Berufe.
(Hinweis: Die Formatierung als Liste haben wir dem Gesetzestext hinzugefügt, im EStG ist das einfach nur eine Komma-separierte Liste, der Wortlaut ist aber original).
Diese Berufe werden, weil sie im Gesetz so explizit aufgelistet werden, auch gerne als „Katalogberufe“ bezeichnet. Wer also einer der hier genannten Tätigkeiten als Selbstständiger nachgeht, gilt als Freiberuflern. Über diese Katalogberufe hinaus gibt es im letzten Aufzählungspunkt noch eine offene Tür für alle, die irgendwie künstlerisch oder wissenschaftlich tätig sind, aber nicht direkt einem der zuvor genannten Berufe nachgehen. Das lässt nicht nur Spielraum für Sie als Selbstständige, sondern natürlich auch für das Finanzamt. Deshalb sollten Sie, wenn Sie sich in den Katalogberufen nicht wiederfinden, aber dennoch der Meinung sind, Ihre Tätigkeit sei der Art nach freiberuflich, sich im Dialog mit dem Finanzamt dazu absichern, um teure Fehler bei der Steuer zu vermeiden – schließlich kann eine Betriebsprüfung auch auf mehrere Jahre hinaus rückwirkend Nachzahlungen mit sich bringen. Wie Sie diese Klärung herbei führen, werden wir in einem weiteren Teil dieser Mini-Serie erklären.
Sind Freiberufler immer einsame Wölfe?
Ganz wichtig: Freiberufler müssen nicht unbedingt Einzelkämpfer sein. Zum Einen darf ein Freiberufler durchaus auch Arbeitnehmer oder Subunternehmer haben, für die im Wesentlichen die selben Kriterien gelten. Der Wortlaut dazu ist folgender (§18 EStG Absatz 1 , Satz 3) :
Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient
Auch können sich mehrere Freiberufler in einer Partnergesellschaft zusammentun, und z.B. ihre Gewinne gemeinsam ermitteln. Auch dazu folgt ein Beitrag.