Die Sache mit dem Feedback für Gründer

Jeder, der mit dem Gedanken spielt, sich selbstständig zu machen, ist darauf angewiesen: Feedback. Schliesslich muss die eigene Geschäftsidee ankommen bei potentiellen Kunden, das Produkt muss Nutzen bringen und gekauft werden und der neue Service muss nützlich und vernünftig bepreist sein, um auch wirklich in Anspruch genommen zu werden. Und da hilft es nur bedingt, selbst zu 100% davon überzeugt zu sein, daß das Angebot perfekt ist. Es schadet nicht, mit Selbstbewusstsein und Vertrauen an das Abenteuer heranzugehen, aber entscheidend für den Erfolg ist das, was Kunden und potentielle Käufer vom Produkt halten.

Wie Maybritt Reumann in ihrer Kolumne (Beitrag inzwischen entfernt) auf dem StartupBrett schreibt, sind die ersten Ansprechpartner für Feedback sicher Freunde und Familie. Aber leider muss man sich bei Feedback auch immer fragen, ob es ehrlich oder freundlich ist. Schließlich will man den hoch motivierten Gründer nicht ausbremsen, ihn nicht vor den Kopf stoßen. Freunde und Familie können sehr wertvolle Impulsgeber sein, müssen aber ganz und gar nicht.

Aus meiner Erfahrung in der Gründung von Kontolino heraus kann ich Maybritt Reumanns Beobachtungen und Tipps nur bestätigen: Nicht alles Feedback, das kommt, ist wirklich wertvoll oder hilfreich. Eine gute Portion davon muss man ausfiltern und schlichtweg ignorieren. Die Kunst ist es, das wertvolle Feedback vom Höflichkeits-Gebrabbel zu trennen.

Gerade ganz am Anfang, wenn man selbst noch unsicher ist, ist es sehr gefährlich, auf all die – vermutlich wirklich gut gemeinten – Tipps und Ratschläge zu hören, die aus allen Ecken und Richtungen auf einen Einprasseln. Ich selbst erinnere mich an eine Vielzahl von Ideen, ganz breit mit Youtube-Videos, Instagram-Fotos und Pressemeldungen loszulegen. Erklärvideos sind ein Muß, Screencasts erklären Dein Produkt ganz wunderbar und überhaupt ist Video das Werbemedium der Zukunft. Vorträge musst Du halten, Deine Software muss unbedingt eine Paypal-Schnittstelle haben, und Material Design ist das einzige, was wirklich hip aussieht. Die Software als open source freizugeben wäre perfekt, denn dann fixen andere Leute ganz umsonst Deine Bugs. Das sind nur einige der Tipps, die ich so bekommen habe.

Zu all dem kommen noch die vielen Artikel in den einschlägigen Medien, in denen das Erfolgsrezept Deiner Mitbewerber beschrieben wird, und jeder weiß, wie wirksam und gleichzeitig billig Adwords sind.

Aufgepasst: alles wahr und richtig. Da sind kaum wirklich schlechte Ideen dabei, und natürlich ist es wichtig, sich diese Ideen alle anzuhören und darüber nachzudenken. Es lohnt sich, auch die vielleicht (oder gerade die) verrückteren Ideen aufzunehmen, aufzuschreiben und abzuwägen, ob da nicht etwas fürs eigene Vorgehen drin steckt.

Aber, und das ist nun wirklich die wichtige Essenz aus diesem Artikel: nicht alles funktioniert für jeden und nicht alles kann man auch wirklich umsetzen. Oft fehlt etwa die Zeit, Screencasts aufzuzeichnen, diese oder jene Schnittstelle zu programmieren oder von einem Networking-Event zum nächsten zu tingeln. Auch das Budget für die über-coole Webseite oder ein knackiges Erklärvideo, das sich wirklich von den anderen da draussen abhebt, ist nicht einfach so vorhanden.

Ein Beispiel aus unserer Praxis: Wir haben uns von Adwords schon vor einiger Zeit verabschiedet, weil ein einziger Klick zum Stichwort „Buchhaltung“ schnell mal 3 und auch deutlich mehr Euros kosten kann. Und ein Klick ist erstmal nur ein Besucher, noch lange kein Kunde. Für uns haben Adwords – zum damaligen Zeitpunkt – schlichtweg nicht funktioniert, aber schnell einige hundert Euro im Monat verschlungen. Dabei zeigte sich, dass unsere Kunden unsere besten Markenbotschafter sind. Wer mit Kontolino! zufrieden war, zeigte es Freunden und Kollegen, die ebenfalls auf der Suche nach der passenden Softwarelösung sind. Vielleicht würden sie heute, wo wir schon etwas bekannter sind, besser funktionieren. Vielleicht haben wir auch einfach nur alles falsch gemacht bei der Auswahl passender Keywords und Zielgruppen usw. Vielleicht war unser Produkt zu diesem Zeitpunkt einfach auch tatsächlich noch nicht reif genug. Ich werde das vielleicht niemals wissen und versuche, mir da auch gar nicht zu viele Gedanken zu machen.

So manche Idee ist aber tatsächlich schlecht. Nicht unbedingt per se, aber eben im eigenen Kontext. Nicht jeder, der meint, Dein Produkt müsse so oder so aussehen, hier oder da besonders beworben oder hier platziert werden, weiß wirklich, wovon er redet. All diesen gut gemeinten Ratschlägen hinterher zu laufen und seine Zeit und Energie auf viel zu vielen Baustellen zu vergeuden, kostet sehr viel Kraft und Zeit. Jede falsch investierte Minute oder jeder ins falsche Medium gesteckte Euro fehlt in der Verbesserung des Produkts, im Kundenservice oder auch einfach nur für die kleine Auszeit im Café um die Ecke oder für einen Spaziergang, der Energie und Ideen zurück bringt.

Feedback ist der Stein, um die eigene Idee weiter zu schärfen. Und dazu gehört eben auch negatives Feedback. Mit negativem Feedback umzugehen, kann der schwierigste Teil der ganzen Sache sein. Es wird nicht immer nett und freundlich formuliert, und manchmal fühlt man sich auch völlig zu unrecht heruntergemacht. Dabei hat dieser Mensch nur einfach diesen Button übersehen, die Doku nicht gelesen, völlig falsche Erwartungen gehabt oder ist einfach ein blöder Miesepeter, denn auch die gibt es natürlich.
Und doch muss gerade negatives Feedback analysiert werden: wichtig ist die Frage, warum der falsche Button gedrückt wurde, eine bestimmte Erwartungshaltung bestand. In fast jedem Kommentar der Art: „Das hat nicht funktioniert“ steckt ein Hinweis auf eine mögliche Verbesserung. Wichtig dabei ist, möglichst diesen Kern zu finden, nachzuhaken, was genau passiert ist, warum das so und nicht anders versucht wurde, welches Ziel erreicht werden sollte, und wo der Knackpunkt tatsächlich liegt. Es ist erstaunlich, dass gerade solche Kunden nachher besonders überzeugt sind, wenn sie erkennen, dass ihre Erwartung falsch war oder man sich des Problems schnell und unkompliziert angenommen hat.

Feedback muss eingesammelt, sortiert, wohl bedacht und aussortiert werden. Manche Ideen sind gut, aber passen nicht zu Dir, weil Du es gerade nicht leisten kannst, oder weil eine bestimmte Aktion einen völlig falschen Eindruck von Dir und Deinem Produkt vermitteln würde. Andere sind tatsächlich schlecht. Und wieder andere sind eben nicht ernst gemeinte Höflichkeitsbezeugungen, eben diese „Sieht Chic aus!“-Sprüche, mit denen man um eine ehrliche Antwort herum kommt. Meiner Erfahrung nach ist das Feedback gerade aus dem Freundes- und Familienkreis häufig weder ehrlich noch wertvoll, egal, wie gut es gemeint ist. Dessen sollte man sich stets bewusst sein, wenn man in einer frühen Phase steckt.

Schnell. Laut. Fail! – Wie man es mit dem Marketing schnell übertreiben kann

Auf dem StartupBrett schreibt Lukas über ein recht trauriges Phänomen der Startup-Szene: manch ein Gründer(team) versucht, mit lauter und planloser Werbung möglichst schnell möglichst viel Staub um das eigene neue Business zu aufzuwirbeln.
Die Hoffnung dabei: je schneller sich der neue Markenname verbreitet, je mehr Medien irgendwas über uns schreiben, desto schneller geht die Rakete so richtig ab.

Dabei gilt es ernsthaft zu bedenken, ob schnelles, raketenartiges Wachstum wirklich wünschenswert für ein neues Business ist.

Natürlich spricht absolut nichts gegen einen gigantischen Ansturm von Interessenten oder gar Kunden, wer hätte nicht gerne gleich im ersten Quartal Umsätze in Millionenhöhe?

Es gibt – neben Lukas‘ wirklich lesenswerten Argumenten – noch ganz andere Themen zu bedenken. So sollte man sich stets die Frage stellen, ob das eigene Produkt oder der eigene Service denn schon reif für die Massen ist. Stellen Sie sich vor einer breit angelegten Kampagne unbedingt die Frage, ob Sie es wirklich handhaben können, wenn in zwei Wochen plötzlich ein paar Tausend Bestellungen eingehen. Oder auch nur Anfragen.

Wenn ich da so auf unsere eigenen Anfangszeiten zurück schaue, muss ich ganz offen eingestehen, dass wir vermutlich unter zu vielen Kunden sehr schnell zusammengebrochen wären. Unsere Software war ganz zu Anfang noch ein wenig – naja – ausbaufähig. Ab und an gab es Serverausfälle und Anwendungsfehler, und selbst in der Buchhaltung gibt es Themen, die auslegungsfähig sind.

Ich bin ganz froh, dass unser Wachstum ein graduelles war. Wir hatten glücklicher Weise einen Start mit einigen wenigen Kunden, die uns geholfen haben, das richtige auf die richtige Weise zu tun. Early Adopters, die auch einmal eine Nacht auf eine Fehlerkorrektur oder ein paar Tage auf ein Feature warten konnten.

Nicht auszudenken, was hier los gewesen wäre, wenn ein dummer Softwarefehler gleich hunderte oder tausende User betroffen hätte, und jeder direkt angerufen oder eine Mail geschickt hätte. Für die Behebung des Fehlers hätten wir gar keine Zeit mehr gehabt….

Wir hatten das Glück, dass Kontolino! eher langsam loslegte, wir mit einigen loyalen Kunden anfangen konnten, die nicht gleich davon gesprungen sind, wenn einmal ein Button anstatt etwas zu bewirken, einen Anwendungsfehler hervorbrachte.

Großmäulig angepriesen und dann voll versagt – das wäre viel zu oft das Urteil über Kontolino! gewesen, wenn wir es auf diese Weise versucht hätten. Der ganze Lärm wäre nach hinten losgegangen und wir hätten hunderte, vielleicht tausende Interessenten ein für allemal davon überzeugt, dass wir ganz sicher nicht der richtige Anbieter sind. Eine zweite Chance zu bekommen, ist eine ziemlich harte Aufgabe als Cloud-Anbieter, wo die Konkurrenz nur zwei Mausklicks entfernt ist.

Unternehmer und der 4-Stunden-Vollzeit-Job

Auf Ihrem Blog beschreibt Kathrin Franck (leider ist ihr Blog nicht mehr online) einen der schönsten Aspekte des Lebens als Selbständiger, der seine Arbeitszeit und den Arbeitsort relativ frei bestimmen kann, und sei es nur zeitweise. Einer der Schlüsselsätze ihres Blogbeitrags ist für mich:

Noch gravierender ist für mich, dass die früher so eisern erkämpfte und aufrecht erhaltene Trennung zwischen „Job“ und „privat“ im Grunde überflüssig geworden ist.

So schockierend es klingen mag, aber es stimmt: wer sich aus einer Passion heraus selbständig gemacht hat, und wenn der Beruf im Grunde ein Hobby geworden ist, sind die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben fliessend, oft sogar verschwunden. Das eigene Geschäft sitzt immer im Kopf, man grübelt, tüftelt, plant beim Wäsche aufhängen, Geschirr abtrocknen und auf der sonntäglichen Radtour. Bevor sich nun jemand empört: meines Erachtens ist das als Arbeitnehmer häufig nicht großartig anders. Den Job hat man irgendwie auch als Angestellter immer im Handgepäck, sei es der Frust mit den Kollegen, die Aufregung vor der nächsten Präsentation oder die Strategie fürs nächste Personalgespräch. Der einzige Unterschied ist im Grunde, für wen oder was man das tut, was man tut, und wie frei man in der Wahl von Alternativen ist. Und wenn alles gut läuft, vielleicht sogar das, was am Monatsende auf dem Bankkonto ankommt. Aber das ist eine ganz andere Geschichte…

Nun klingt der 4-Stunden-Vollzeitjob erstmal paradiesisch. Nur noch halb so viel arbeiten, schon am Strand sitzen, wenn andere aus der Kantine in den täglichen Wahnsinn zurück schleichen. Das Leben endlich mal in vollen Zügen geniessen (mehr …)

Wie wir der Gründer-Angst in Deutschland begegnen können

Eben habe ich über Twitter den folgenden Artikel bei impulse gefunden, der mich sehr begeistert hat:

Wie wir mehr Menschen fürs Unternehmertum begeistern

Die Autorin ist selbst Geschäftsführerin eines Familienunternehmens und greift das Thema einmal nicht mit dem Ruf nach mehr staatlicher Förderung auf, sondern zeigt auf, wie nur durch eine veränderte Einstellung zum Thema Selbständigkeit (=auf eigenen Beinen stehen) und  zu den Themen Risiko und Verantwortung eine Kultur des Gründens aufkeimen kann.

Hier ein paar Schlüsselsätze, die mir aus der Seele sprechen:

Meines Erachtens können wir dies nur erreichen, wenn wir in Deutschland die Mentalität der Menschen ein Stück weit ändern. Wir müssen bis zu einem gewissen Grad risikoaffiner werden und der Selbstständigkeit deutlich positiver gegenüberstehen.

Im Silicon Valley heißt es: “Entweder man ist erfolgreich oder man lernt”. Eine Stigmatisierung im Falle des Scheiterns gibt es dort nicht. Im Gegenteil: Fehler werden als notwendig angesehen, um dauerhaft erfolgreich sein zu können. Wir Deutschen lassen uns von Rückschlägen hingegen viel zu schnell entmutigen.

Frau Ostermann nennt 3 konkrete Schritte, wie sich in der kommenden Generation eine wesentlich positivere Einstellung zur Selbständigkeit fördern lässt. Dabei geht es hier ganz und gar nicht um kopfloses Hineinstürzen in jedes Abenteuer, sondern um eine Kultur der Risikobereitschaft für gute Ideen und weniger Stigmatisierung von gescheiterten Unternehmern.

Ich kann diesen Artikel nur empfehlen und zum Lesen und Nachdenken auffordern.